Entwicklung und Sein
Ich nehme mich an,
so wie ich bin
Integriere mein Licht
Integriere meinen Schatten
Erlebe in Schmerz
Erlebe in Liebe
Erlebe in Stille
Erlebe in Bewegung
Der Weg der Entwicklung
Der Weg, den ich geh
//
einfach sein
nichts sonst
bedingungslos
ursprungslos
impulslos
einfach sein
sein
mein Zustand
der Zustand, der ich bin
//
so ham
ich bin
ich bin
sein
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„Wer bin ich?“ Eine jahrtausendealte Frage. Eine Frage, der ein Mensch sich von verschiedenen Perspektiven nähern kann.
Zum einen aus einer Perspektive struktureller Entwicklung, der alle Menschen bis zu einem gewissen Punkt folgen. Ich bin Fötus, Embryo, Baby, Kleinkind, Kind, Jugendlicher, junger Erwachsener, Erwachsener, Mensch der Lebensmitte, Mensch im fortgeschrittenem Alter, Senior#In, Greis#In. Jede dieser Phasen und die potentiell damit einhergehenden seelisch-geistig-emotional-körperlichen Entwicklungsschritte finden dabei gänzlich andere Antworten auf die Frage nach dem „Wer bin ich?“. Sei es das (ebenso schmerzhafte wie lustvolle) Erkennen der eigenen Körperlichkeit als Baby, die Aneignung einer Ich-Struktur als Kleinkind, Frustrationstoleranz, magisches und mythisches Denken, Entwicklung höherer kognitiver und (selbst-)reflektorischer Fähigkeiten, Entwicklung komplexer seelischer und intuitiver Strukturen, Empathiefähigkeit, Entwicklung von Verantwortungsbewusstsein und Selbstbefähigungskräften usw. – jeder Prozess wird andere Ich-Facetten freilegen. „Ich bin der Mittelpunkt des Geschehens! Ich bin abhängig von Gott (anderen)! Ich bin (nicht) in der Lage, das zu lösen! Ich bin im Mitgefühl mit mir selbst (anderen)! Ich mag meine Art mit Problemen umzugehen!“
Dieser Entwicklungsprozess findet zwar in einiger Hinsicht automatisch statt im Sinne eines uns Menschen innewohnenden evolutionären Programms. Soll er „gelingen“ braucht es aber
unbedingt einer Unterstützung aus dem sozialen Umfeld. Die anderen und die Umwelt prägen maßgeblich mit (und viele Fähigkeiten würden sonst gar nicht erst ausgeprägt werden oder verkümmern).
Gleichzeitig bringt jeder Mensch auch ein (nur ihm) innewohnendes Persönlichkeitspotenzial – ggf. auch gewisse Beeinträchtigungen – mit ins Leben. Zusätzlich zum grundsätzlichen oben beschriebenen Strukturprogramm. Wie genau entwickeln sich diese Strukturen? In welcher Geschwindigkeit? Mit welcher Leichtigkeit? Mit welcher Intensität? Da gibt es zwar ungefähre Zeitfenster (Was, wann, wie…), aber auch großes Variationspotential zwischen uns Menschen. Diese verleihen dem ganzen Prozess im Idealfall (wenn nicht unterdrückt oder dauerhaft negativ bewertet) die besondere individuelle Note. Hier kann die Umgebung sowohl inspirierend konstruktiv als auch unterdrückend destruktiv wirken. Die Frage, wie weit genau sich ein Mensch entwickeln wird, auf welche Art und in welcher Geschwindigkeit, hängt demnach von sehr vielen Faktoren ab.
In der Regel läuft dieser Prozess – mit all seinen Variablen – auch nicht komplett reibungslos ab. Es wird Bereiche geben, die sich aus unterschiedlichsten Gründen nicht „optimal“ entwickeln, es wird Aspekte geben, die ihr Leben im Schattendasein fristen. Diese Bereiche und Aspekte in mein Selbstbild (also die Frage nach dem „Wer bin ich?„) zu integrieren ist somit eine ganz zentrale Herausforderung auf der Suche nach authentischen Antworten. „Der Weg, den ich geh“…!
Damit komme ich zum „einfach sein“-Teil aus dem einleitenden Gedicht. Ich kann dieser wundervollen Frage auch von einer ganz anderen Perspektive begegnen. Weniger individuell struktur- und entwicklungsorientiert auf einzelne persönliche Attribute fokussiert. Weniger auf konkrete individuelle Erkenntnisse über „mein Ich“ bedacht. Mehr auf grundsätzliche Seinszustände schauend. „Wer bin ich ganz grundsätzlich und jenseits von diesem Ich mit all seinen sich ständig wandelnden inneren wie äußeren Zuschreibungen?“
Seit Jahrtausenden haben Menschen darauf Antworten gesucht und gefunden. Eine häufige Grundidee dabei ist unsere Wahrnehmung bzw. unser Bewusstsein so zu schulen, dass immer feinere Wahrnehmungsebenen erschlossen werden. Die Schritte dieser Reise gehen dabei vom „groben-festen Land“ des Wachbewusstseins, über das „fließend-phantastische Reich“ des Traumbewusstseins, hin zu den „subtil-ätherischen Tiefen“ des Tiefschlafbewusstseins. Auf einmal kein Ich mehr da. Ups. Hier befinden wir uns schon in einer Welt gänzlich anders als der Startpunkt dieser Bewusstseinsreise. Und obwohl wir all diese Welten regelmäßig bereisen (innerhalb eines durchschnittlichen 24 Stunden-Rhythmuses), ist sie uns doch recht fremd. Eine ganz grundsätzliche Ausgangsfrage dieser Reise ist nämlich immer – pauschal gebucht (unbewusst) vs. individuell geplant (bewusst). Jede der bisherigen Regionen dieser Bewusstseinsreise wird nämlich pauschal – also unbewusst automatisiert – von uns allen bereist und zwar mehr oder weniger täglich – schon mehr Nahverkehr als Fernreise -, bewusst individuell geplant nicht zwangsläufig und definitiv nicht immer.
Und dann geht die Reise von hier aus noch weiter (oder über andere Wege vielleicht auch direkt dorthin). In Höhen, die eine umfassende Wahrnehmung von mir selbst – also auch auf mein Ich mit all seinen Facetten – als Objekt ermöglicht. Ein vom Ich unabhängiges Subjekt schaut auf das Ich und alle weiteren Teile des Selbst. Die Reise zum Beobachtergeist- turiya, dem 4. Zustand. Genial. Hätte ich Instagram – ich würde ohne Ende Fotos von hier posten. Echt aufregend. Echt erkenntnisreich. Echt Abenteuerreise und so. Und Comedy. Und Drama. Einfach alles.
Zum Schluss dann wird’s „chillig“. Schluss mit reisen und erforschen und beobachten und so. Subjekt erkennt: „Hey, alles – einfach alles – was ich da wahrnehme, das bin ich. Also nicht nur mein „Ich“. Nee, alles. Der oder die Reisende, die Mitreisenden, die Reise an sich. EINFACH ALLES! Ausnahmslos. Subjekt („Beobachter#In“) und Objekt (Reisende, Mitreisende wie bereiste Erfahrungsländer) werden eins. „There’s no more place to go then!“ Bleibt nur abhängen. Sein!
Das bewirkt dann das in einigen Kreisen legendäre „tat twam asi“! Das bist Du! Oder das „so ham“ – ich bin! Der Zustand des „einfach seins“, bedingungslos, frei, ohne Anfang, ohne Ende, jenseits von Zeit und Raum.
Ohne Zeit und Raum reist es sich schlecht – so endet – zumindest theoretisch oder vorübergehend – die Reise hier. Bis Zeit und Raum dann doch wieder im Bewusstsein auftauchen. Und es von vorne losgeht. Aber reisen macht ja Spaß. Umso öfter Du dich auf den Weg machst, umso mehr Abkürzungen und Geheimwege wirst Du entdecken. Irgendwann ist es dann keine Fernreise mehr, sondern der Weg zum vertrauten Nachbarn um die Ecke.
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